Die europäische Retail Payments Strategy – eine kleine Erinnerung, was kommen wird

Die meisten von uns sollten es mitbekommen haben: Wer sich mit Zahlungsverkehr beschäftigt, kommt an der europäischen Retail Payments Strategy (RPS) nicht vorbei, die die EU-Kommission am 24.09.2020 veröffentlichte und in der sie Rahmenbedingungen für die zukünftige Ausrichtung des Zahlungsverkehrs in Europa kommuniziert. Das Papier ist lesenswert und enthält konkrete Handlungsempfehlungen und Ideen. Eine Strategie ist natürlich noch kein Gesetz. Es geht noch nicht um konkrete Regelungen oder Umsetzungstermine. Aber es ist absehbar, welche Änderungen früher oder später auf den Zahlungsverkehr zukommen. Es geht konkret um die nächsten 2-4 Jahre.
Die Retail Payments Strategy umfasst vier Säulen mit 17 Maßnahmen:

Die erste Säule beschäftigt sich mit digitalen und Instant-Zahlverfahren. Hier ist ein Punkt von besonders großer Bedeutung. Sollte die Verbreitung von Instant Payments (SCT Inst) bis Ende 2021 europaweit nicht ausreichend sein (sieht aktuell danach aus), wird es eine gesetzliche Verpflichtung geben, die das Angebot und die Akzeptanz von SCT Inst vorschreibt. Allerdings wünscht sich die EU-Kommission eine „SCT Inst Rückgabemöglichkeit“, um den Verbrauchern bei einer Überweisung ähnliche Rechte einzuräumen wie bei einer Kreditkartenzahlung (Chargeback). Des Weiteren soll es einen europäischen Standard für die Nutzung und Akzeptanz von Zahlungen mittels QR-Code geben, und eine digitale Identität soll gefördert werden. Auch soll die Akzeptanz bargeldloser Zahlungen ausgebaut werden.

In der zweiten Säule geht es um einen innovativen und wettbewerbsfähigen Zahlungsverkehrsmarkt. Hier ist die PSD2 als großer Punkt zu nennen. Zwei Jahre nach Inkrafttreten der letzten Ergänzungen ist der erhoffte Erfolg noch nicht uneingeschränkt sichtbar. Diverse Interpretationen bilden eine Vielzahl von Hindernissen, die auch innerhalb einzelner Länder existieren. Hier ist eine Überprüfung der aktuellen Umsetzung bis Ende 2021 geplant. Das Ergebnis bzw. die Erfahrungen sollen bis Mitte 2022 in einen Vorschlag für ein Open-Banking-Framework einfließen. Ob das Werk dann PSD3 heißen oder einen anderen Namen bekommen wird, wird nicht entscheidend sein.
In der dritten Säule geht es um effiziente und interoperable Zahlungssysteme. Hier geht es um die technische Infrastruktur, die europaweit verfügbar sein soll. Grenzüberschreitende europäische Zahlungen, auch von Mitgliedsländern mit abweichender Landeswährung, sollen in Echtzeit möglich sein.

Die vierte Säule umfasst einen effizienten internationalen Zahlungsverkehr. Zum effizienten Zahlungsverkehr gehört u. a. die Nachverfolgbarkeit von Zahlungen, die mit SWIFT gpi bereits in der Umsetzung ist. Auch die Nutzung von einheitlichen und modernen Formaten trägt dazu bei und wird von der weltweiten Umstellung auf ISO 20022 bereits begleitet. Zahlungen in Drittländer sollen grundsätzlich schneller und komfortabler werden.

Es bleibt spannend, welche konkreten Maßnahmen nun folgen werden. Wir wissen alle, dass eine Regulierung nie mit den Entwicklungen im Markt mithalten kann. Mit Verabschiedung der PSD2 hat z. B. kaum jemand geahnt, welche Vielfalt Biometrie, Sprachassistenten und zahlende Gegenstände (Ringe, Uhren, Armbänder) bereits heute im Alltag einnehmen. Der Gesetzgeber kann den Markt nur durch Rahmenbedingungen steuern. Die Retail Payments Strategy zeigt ein paar interessante Rahmenbedingungen, der Inhalt folgt zeitnah.

Die Retail Payments Strategy der EU im Original finden Sie hier:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:52020DC0592

Autor: Swaantje Anneke Völkel


Der digitale Euro soll wie Bargeld sein: sicher und anonym

Warum greift der Verbraucher zu Geldscheinen und Münzen, um zu bezahlen? Bargeld sorgt in erster Linie für Anonymität und Privatsphäre beim Bezahlvorgang. Vor allem in Deutschland genießt Bargeld nicht zuletzt aufgrund dieser Kerneigenschaften einen hohen Stellenwert als Zahlungsmittel. Die Coronakrise führt jedoch zu einem Umdenken in den Zahlungsgewohnheiten: Kontaktloses Bezahlen erfährt einen regelrechten Boom. In ihrer jüngsten Publikation „Report on a digital euro“ hat die Europäische Zentralbank (EZB) festgehalten, dass Bargeld zwar, vorrangig in Deutschland, noch das meistgenutzte Zahlungsmittel ist, dass aber ein deutlicher Trend zu mehr Nutzung von digitalen und innovativen Zahlungsformen erkennbar ist. Diese Veränderung im Zahlungsverhalten lässt sich nicht nur in Deutschland, sondern europaweit feststellen. 

Digitalisierung braucht digitales Geld

Der Zahlungsverkehr im Euroraum muss zukunftsfähig bleiben und auf kurzfristige Veränderungen reagieren können. Die Einführung einer „Central Bank Digital Currency“ (CBDC), eines digitalen Zentralbankgeldes, könnte ein wichtiges Sprungbrett sein, um Digitalisierung und Innovationen in der europäischen Gesellschaft auf ein neues Level zu heben. Die EZB definiert diesen digitalen Euro als ein elektronisches Abbild von Zentralbankgeld, das sowohl Bürgern als auch Unternehmen zur Verfügung stehen soll. Bargeld wird um den CBDC als weitere Zahlungsform ergänzt.

Die Ausgestaltung ist noch offen

Die EZB hat sich bezüglich der Ausgestaltung noch nicht festgelegt. Neben Überlegungen, welche Modelle möglich sind, hat die Zentralbank im oben genannten Bericht ihre (Schlüssel-)Anforderungen für eine solche CBDC definiert. In dem Bericht beschreibt die EZB, unter welchen Voraussetzungen die Einführung eines digitalen Euro notwendig ist und welche Ansätze zur Gestaltung möglich sind.

Feedback erwünscht

Eine breite Akzeptanz des digitalen Euros ist unabdinglich. Zur Beurteilung, wie die CBDC gestaltet werden sollte und welche Anwendungsfälle am besten geeignet sind, hat die EZB im Rahmen einer Online-Konsultation die öffentliche Meinung zu einem digitalen Zentralbankgeld in Europa eingeholt. Bürgerinnen und Bürger, Institutionen und Fachleute hatten die Möglichkeit, ihre Standpunkte und Lösungsvorschläge einzureichen. Das Feedback war enorm und zeigt das große Interesse an dem Thema: Über 8.000 Antworten gingen bei der EZB ein, erste Ergebnisse wurden bereits veröffentlicht. Demnach fordern mehr als jeder Dritte der Teilnehmer einen digitalen Euro, der die Privatsphäre bei Zahlungsvorgängen schützt. Ebenfalls ist der Wunsch nach Sicherheit und gesamteuropäischer Reichweite bei einer CBDC groß. Diese soll demnach die Kerneigenschaften von Bargeld widerspiegeln.

Entscheidung zur Jahresmitte

Weitere Ergebnisse der Befragung folgen im Frühjahr. Auf deren Basis sowie den Ergebnissen aus der vorangestellten internen Untersuchungsphase will die EZB Mitte dieses Jahres über den Start des Projektes zum digitalen Euro entscheiden.

Im Rahmen eines Online-Interviews auf „Reuters Next“ hat die EZB-Präsidentin Christine Lagarde mitgeteilt, dass sie von einer Einführung des digitalen Euros in den nächsten Jahren ausgeht – das neue Zahlungsmittel könnte also schon bald Realität sein.

Weiterführende Informationen:

Europäische Zentralbank: Report on a digital euro, Brüssel, Oktober 2020

Europäische Zentralbank: ECB digital euro consultation ends with record level of public feedback, 13.01.2021

Autor: Anja Kamping