Die Maschinenökonomie (Internet of Things) wächst rasant. Immer mehr Maschinen und Geräte werden miteinander vernetzt. Im Jahr 2025 sollen es weltweit schon 75 Milliarden Geräte sein. Laut den Zahlen des amerikanischen IoT-Anbieters BizIntellia tragen
Lösungen rund um das IoT bis zum Jahr 2030 insgesamt gut 14,2 Billionen Dollar zum weltweiten BIP bei.
IoT bestimmt künftig also einen immer größeren Teil unseres Lebens und unserer Gesellschaft. Damit stellt sich auch die Frage, wie sich IoT auf das Bezahlen auswirkt und welche Potenziale darin stecken, wenn auch Machine-to-Machine-Payments (M2M-Payments) integriert wird.
Wie laufen IoT und Zahlungsverkehr zusammen? Maschinen erhalten die Möglichkeit, neben Identitäten und Informationen auch Werte zu übertragen. Sie bezahlen andere Maschinen autonom, ohne dass ein Mensch den Vorgang autorisieren muss. Laufen diese Geschäftsvorfälle jedoch nicht unterbrechungsfrei ab, müssten die Maschinen also beispielsweise auf eine manuelle Aktion wie eine Zahlungsbestätigung warten, drohen Stillstand oder sogar der Abbruch – beides wäre zu vermeiden, damit sich die Potenziale von M2M-Payments vollständig heben lassen.
M2M-Payments sind auch nicht nur visionäre Zukunftsmusik. Zum Beispiel wird in der Automobilindustrie bereits an konkreten Lösungen gearbeitet. Einige Unternehmen bauen bereits entsprechende Ökosysteme auf. Die Idee: Automobile führen eigene Wallets mit elektronischem Geld, die ohne menschliche Intervention Tankvorgänge oder Mautgebühren bezahlen.
Um diese Auswirkungen, Herausforderungen und Chancen zu analysieren, haben wir eine Studie zum Thema „Maschinen bezahlen Maschinen“ erstellt, die insbesondere folgende Fragestellungen beleuchtet:
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um M2M-Payments umsetzen zu können?
- Wo liegen die Herausforderungen bei der Umsetzung von M2M-Payments?
- Wie stark steigen die Transaktionszahlen im Zahlungsverkehr, wenn M2M-Payments umgesetzt werden?
- Welche Zahlverfahren eignen sich am besten für die Umsetzung von M2M-Payments?
- Welche Auswirkungen haben M2M-Payments auf Zahlungsdienstleister?
- Wie sollten Zahlungsdienstleister auf M2M-Payments reagieren?
Damit M2M-Payments Realität werden können, müssen die Maschinen jeweils eine eigene Maschinenidentität mit individuellen Merkmalen erhalten, die die jeweilige Maschine von anderen Maschinen unterscheidet. Eine sichere Maschinenidentität kann nicht manipuliert, gefälscht oder missbraucht werden. Sie geben der Maschine eine unverwechselbare, sichere Identität, mit der sie sich in der vernetzten Produktion anderen Maschinen, Instanzen und Akteuren gegenüber ausweisen kann.
Auch ist der gegenwärtige Rechtsrahmen auf die Autonomie von Maschinen nicht vorbereitet und bedarf daher der Fortentwicklung. Es bedarf klarer Zuordnungsregeln für Handlungen autonomer Systeme ebenso wie spezifischer Zuweisungen der durch den Einsatz autonomer Systeme geschaffenen Risiken. Nicht zuletzt bedarf es neuer Haftungssysteme, die den Besonderheiten autonomer Maschinen gerecht werden.
Bei der praktischen Implementierung sehen wir folgende Handlungsfelder, deren Lösung besonders herausfordernd sein wird:
- Abbildung der Identifikation von Maschinen-Zahlungen
- Compliance-Prüfungen in Bezug auf eine Maschine (KYO statt KYC)
- Verarbeitung von Rückinformationen (inklusive Störungen im Ablauf)
- Berücksichtigung eines komplexeren und umfangreicheren Reportings
- höhere Sicherheit von Maschinen und Schnittstellen
- konsequente Umsetzung von digitalem Onboarding und digitalen Prozessen
Viele Untersuchungen gehen davon aus, dass durch M2M-Payments die Anzahl an Transaktionen stark steigen wird. Auch wir gehen von einem deutlichen Anstieg aus. Unter Berücksichtigung von Kompensationseffekten rechnen wir bis 2027 in Deutschland mit ca. 12 Milliarden und in der EU mit ca. 50 Milliarden zusätzlichen Transaktionen durch Maschinen, die sich gegenseitig bezahlen.
Nicht alle heute gängigen elektronischen Bezahlverfahren eigenen sich gleichermaßen für M2M-Payments. Digitales Geld (Stable Coin, „Unbacked“ Coins und E-Währungen) und E-Geld bieten sich aus unserer Sicht am ehesten an für M2M-Payments.
Etablierte Bezahlverfahren haben in der Regel mehr oder weniger hohe Transaktionsgebühren. Kryptogeld und E-Geld-Lösungen ermöglichen dagegen kostengünstige Transaktionen auch von kleinsten Beträgen und machen diese für den Einsatz im IoT attraktiv. Denn damit besteht die Möglichkeit, auch Dienstleistungen von nur geringem Wert, auch unter einem Cent, wirtschaftlich abzurechnen, wie beispielsweise die Nutzung einer Glühbirne im Smart Home. E-Geld-Lösungen und Kryptogeld lassen sich dazu auch unabhängig von klassischen Finanzdienstleistern integrieren.
Bliebe noch die Frage, wie sich die Zahlungsdienstleister künftig positionieren sollten. Das Internet of Things wird den Trend zur Differenzierung von Spezialanbietern mit einem datenbasierten Geschäftsmodell und Infrastrukturanbieter noch verstärken.
Spezialanbieter können die Daten, deren Volumen durch das IoT weiter steigen wird, zum eigenen Wettbewerbsvorteil nutzen und zusätzliche Geschäftspotenziale oder gänzlich neue Geschäftsmodelle entwickeln. Beispielsweise lassen sich auf Basis detaillierter Verbrauchsdaten passgenaue zusätzliche Dienstleistungen für Kunden anbieten. Dies hängt aber davon ab, ob es den Zahlungsdienstleistern gelingt, sich „auf“ den Maschinen zu platzieren oder zumindest als Datenaggregator zu fungieren, der die entsprechenden Nutzungsdaten zu Zahldaten bündelt und diese transferiert.
Im Hinblick auf die Positionierung als Datenaggregator oder -drehscheibe könnten Zahlungsdienstleister auch für das nötige Vertrauen zwischen den beteiligten Personen, Unternehmen und Maschinen sorgen und dabei beispielsweise als eine Art Clearingstelle für sichere digitale Identitäten und valide Daten fungieren.
Zusammengefasst bedeutet das, dass die klassischen Zahlungsdienstleister erhebliche Herausforderungen meistern müssen. Die funktionalen und vor allem die technischen Anforderungen an die Infrastruktur von Zahlungsdienstleistern werden massive Veränderungen mit sich bringen. Sie müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:
- vollkommen unterbrechungsfreie Verfügbarkeit, wodurch die Bedeutung von 24/7/365-Betriebsmodellen und die Abwicklung von Geschäften in Echtzeit zunimmt
- Downtimes für das Einspielen neuer Releases sind nicht mehr möglich.
- Möglichkeit, sehr hohe Lasten durch Milliarden zusätzlicher Transaktionen verarbeiten zu können
- Möglichkeit, maschinelle von nichtmaschinellen Zahlungen unterscheiden zu können, da diese nach unterschiedlichen Regeln ablaufen werden
- Möglichkeit der vollständigen Digitalisierung und des maschinellen Onboardings
- zukünftige Einhaltung von KYO für Maschinen, was derzeit noch nicht geregelt ist, in Kombination mit KYC, Abbildung in den entsprechenden Systemen und insbesondere auch organisatorische Regelung
- Möglichkeit, nicht nur Zahlungen auslösen zu können, sondern auch Rückinformationen aus System- und Prozessstörungen entsprechend zu verarbeiten. Anhand der Rückmeldungen müssen die Maschinen in Echtzeit die richtigen „Schlüsse“ ziehen können und ggfs. Alternativen auswählen.
Darüber hinaus müssen die Zahlungsdienstleister entscheiden wie sie sich positionieren wollen und Vertriebsstrukturen anpassen, da Ökosysteme im IoT an Bedeutung gewinnen werden. Wie das Bezahlen von Maschine zu Maschine die Zahlungsverkehrslandschaft verändert und wie Zahlungsdienstleister jetzt reagieren müssen, erläutert PPI in der aktuellen Studie "Internet of Payments". Sie können die Studie kostenfrei anfordern unter
www.ppi.de/studie-iop. Wir freuen uns auf einen anregenden Austausch über die neue Zahlungsverkehrswelt und stehen Ihnen für Fragen und Anmerkungen gerne zur Verfügung.
Autor: Michael Titsch